Rotes Häuschen am 5. Januar 2003 Hier am Roten Häuschen  wurden noch im 19. Jahrhundert zum >Treideln die Pferde gewechselt. Der alte Treidelpfad ist  teilweise noch zu sehen. 
Auch eine Schifferkneipe (mit Saal) war an dieser Schiffsanlegestelle, wo angeblich auch erfolgreich geschmuggelt wurde. 

< Foto Januar 2003

Bericht der Rheinischen Post vom  5.8.1954 sehr informativ und interessant für Hönnepels Geschichte:
(Der Bericht ist eine Abschrift des Original-Artikels, der sich im Archiv des Museums Kalkar befindet)

Am „roten Häuschen" von Hoennepel
Einst Knotenpunkt der Rheinschifffahrt – bald wieder Kiesumschlagplatz

Das Dörfchen Hoennepel an der Ostgrenze des Landkreises Kleve scheint heute fast in Vergessenheit geraten. Selbst aus der engeren Heimat finden nur wenige Menschen den Weg dorthin. Früher – vor 50 Jahren etwa – war das anders. Damals war vor allem das „Rote Häuschen" weit über die Grenzen des Kreises Kleve bekannt. Besonders die Rheinschiffer hielten Ausschau nach dem „Roten Häuschen" von Hoennepel.

Um 1900, als es noch keine Dampfboote und Schraubendampfer auf dem Rhein gab, wurden von hier aus Warnlaternen mit rotem Licht auf eine Rheinkribbe gesetzt, wenn ein nächtlicher Sturm die Schifffahrt gefährdete, und zwar dort, wo eine Rheinkurve Unübersichtlichkeit verursachte. Tag und Nacht befuhren die holzgebauten Schiffe mit ihren Lasten aus Kohle, Kies, Holz und Ziegelsteinen den Fluss. Die Schiffe waren mit Segeln ausgerüstet, doch half das oft bei der Rheinaufwärtsauffahrt nur wenig. Kleinere Bauern und Fuhrunternehmer stellten sich zur Verfügung und zogen die Wasserfahrzeuge flussaufwärts. Unterhalb Emmerichs begann es. Der erste Zug ging bis zum roten Häuschen in Hoennepel, von hier aus der zweite Zug bis Obermörmter und Vynen-Wardt, der dritte Zug bis Orsoy. Den ganzen Rhein entlang, bis Ruhrort, konnte man die Zusammenarbeit zwischen Land- und Wasserfahrzeugen beobachten.

Die Pferde waren mit einem besonderen Sattel ausgerüstet. Der Gespannführer hielt auf dem Pferde seine Beine nach einer Seite. So ging es den Binnenpatt entlang. Fourage für Mann und Pferd war am Sattel befestigt. Wenn beim Hochbetrieb die Fuhrwerke Tag und Nacht nicht zur Ruhe kamen, konnte man es oft erleben, dass die Reiter auf ihren Pferden eingeschlafen waren, die Tiere aber, da sie den Weg Schritt für Schritt kannten, unbeeinträchtigt und stur ihre Aufgabe erfüllten.

Der Besitzer Nissing hatte damals im roten Häuschen eine Gastwirtschaft mit einer Bögelbahn1) (=>Bügelbahn). Es gab allein in Hoennepel drei solcher Bögelbahnen, von denen man heute nichts mehr sieht. Das rote Häuschen wechselte wiederholt den Besitzer. In Schifferkreisen erinnert man sich heute noch gern der Blütezeiten Hoennepels und des roten Häuschens.

Nach dem Kriege 1870/71 machten sich die Brüder P e t e r s dort sesshaft und machten mit ihren Schiffchen (fünf Tonnenlasten) einen schwunghaften Handel mit Kohlen und Baumaterialien. Alle ihre Güter wurden am roten Häuschen gelöscht. Kranen und Bagger gab es damals noch nicht, alles musste die menschliche Kraft besorgen. Für viele Hoennepeler bedeutete das eine zusätzliche Einnahmequelle. Die Ziegeleibetriebe brauchten für ihren Feldbrand sehr viel Kohle, auch die damals bestehenden Krautfabriken waren auf die schwarzen Diamanten angewiesen. Die Brüder Peters hatten hier ein sehr einträgliches Arbeitsfeld. Eine kleine heimische Industrie entstand um Hoennepel. Auch fremde Schiffe betrachteten das rote Häuschen als Umschlagplatz.

Die Ladungen für Kalkar, Uedem und Goch, oft auch für Kleve, wurden hier auf Pferdefuhrwerke umgeladen. Auf den kiesbedeckten Straßen ging es um diese Zeit noch nicht so einfach vorwärts wie heute auf den Makadamstraßen. Die Pferdekarren mussten als Dampfwalzen wirken, um die Wege selbst zu ebnen. Als die Holzschiffe auf dem Rhein den Metallbauten weichen mussten, richteten Bernhard und Theodor Peters – mein Vater – eine Schiffabbruchstelle ein. Viele Arbeiter aus Hoennepel und Niedermörmter verdienten sich hier ihr Brot. Viele waren 30 bis 40 Jahre im Betrieb tätig. Auktionator Bettray aus Kalkar hielt am roten Häuschen seine Auktionen ab. Kohlenlager befanden sich in der Nähe.

Oft stauten sich die Fuhrwerke in 1 km Länge vor dem Rhein, da das Verfrachten der Arbeiten nur durch Menschenhand erfolgen konnte und viel Zeit in Anspruch nahm. Die Fuhrwerke kannten keinen Achtstundentag, sie waren von morgens sechs bis abends sechs Uhr unterwegs. Die Menschen haben sich damals aber nicht weniger glücklich gefühlt als die heutigen. Allerdings war mein Vater redlich müde, wenn er spät abends von seiner Geschäftstour – Uedem, Goch, Kleve – zu Fuß wieder zurückkehrte. (Übrigens hat es damals nicht wenige Rekruten gegeben, die den Weg nach Berlin zu Fuß zurücklegten, ich habe noch einige gekannt). Als Tagesverdienst beim Bauern gab es damals eine Summe von 25 Pfennigen, dazu eine Möhre, eine Schnitte Schwarzbrot und eine Tasse Buttermilch. Für 25 Pfennig – ein Kastenmännchen – konnte man etwa sieben Eier erwerben.

Jetzt (1954) soll in unserer Zeit das rote Häuschen auch wieder zu Ehren kommen. Der Kies aus Hanselaer wird hier verladen werden. Auch nach Rheinkies wird längs des Flusses eifrig gebaggert. Fördertürme entstehen. Für die An- und Abfahrt der Lastkraftwagen hat man zeitgemäße Fahrbahnen angelegt. Das rote Häuschen von Hoennepel wird wie vor fünfzig und mehr Jahren wieder Mittelpunkt eines tätigen Geschehens, nachdem es lange in einen Dornröschenschlaf versinken konnte.                H. Peters 2)

Anmerkung:
1)
In Hönnepel wurden die Bügelbahnen wohl als Bögelbahnen bezeichnet.
2)Die Familie Peters hat damals im Haus Birgelfeld 149 gewohnt (heute Lamers/van den Boom).
  
Herzlichen Dank an Frau Gammerschlag, die das Archiv im Museum Kalkar verwaltet und  den interessanten Zeitungsartikel gefunden und uns zur Verfügung gestellt hat.    > Straßenplan Rotes Häuschen

>Wildgänse auf den Rheinwiesen am Roten Häuschen (Januar 2003):              zurück zur Startseite
Foto vom Roten Häuschen aus Richtung Kernwasser-Wunderland